Die Europäische Union räumt behinderten Menschen generell ein Recht auf Selbstbestimmung und Teilhabe ein – wer als Mensch mit Behinderung gilt, wird jedoch von jedem Land eigenständig und nach seinen eigenen Regeln festgelegt.

Auch wenn der Begriff „Behinderung“ in jedem Land unterschiedlich definiert wird, gibt es bei bestimmten Grundsätzen dennoch Überschneidungen, beispielsweise die Verpflichtung der Unternehmen, Menschen mit Behinderung einzustellen.

In Deutschland schreibt das Gesetz eine Pflichtquote für die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen vor: private und öffentliche Unternehmen mit 20 Beschäftigten oder mehr müssen mindestens 5 % der Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzen. Wenn der Arbeitgeber diese Pflichtarbeitsplätze nicht besetzt, hat er eine Ausgleichsabgabe zu entrichtendie auf der Grundlage der jahresdurchschnittlichen Beschäftigungszahl errechnet wird. Diese Ausgleichabgabe fließt an die Integrationsämter, von denen es in Deutschland 17 gibt.

Bei den Integrationsämtern handelt es sich um Einrichtungen auf Länderebene, deren Aufgabe es unter anderem ist, die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben zu fördern, Schulungen anzubieten, Fachdienste zu beauftragen etc. Sie sind mit den Hauptfürsorgestellen in einem Dachverband, der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen, zusammengeschlossen, der als Ort des Austauschs dient und die Sichtbarkeit der Integrationsämter erhöht.

Anerkennung als Arbeitnehmer mit Behinderung

Die rechtliche Grundlage für Menschen mit Behinderung ist das neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), das am 1. Juli 2001 in Kraft trat. Dort sind die Rechte behinderter Arbeitnehmer geregelt. Die deutsche Behindertenpolitik fördert die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Leben in der Gesellschaft und am Arbeitsleben.

Betroffene Personen

Als Menschen mit Behinderung gelten Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie an der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft länger als sechs Monate hindern. Eine solche Beeinträchtigung liegt vor, wenn der (körperliche, psychische etc.) Zustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.

In Deutschland hängt die Feststellung einer Behinderung vom Grad der Behinderung (GdB) ab, der zwischen 0 und 100 liegen kann und in Zehnerschritten gestaffelt ist. Bei einer betroffenen Person muss ein Grad der Behinderung von mindestens 20 vorliegen, damit sie als behindert gilt und die entsprechenden rechtlichen Regelungen greifen. Als schwerbehindert gilt ein Mensch, der einen GdB von mindestens 50 hat.

Die gesetzlichen Regelungen, die den Zugang behinderter Menschen zu Beschäftigung erleichtern, gelten im Grundsatz für Schwerbehinderte, also ab einem GdB von 50.

In Ausnahmefällen können auch behinderte Menschen mit einem GdB von 30 oder 40 eine Gleichstellung mit Schwerbehinderten beantragen, wenn sie aufgrund ihrer Behinderung keinen Arbeitsplatz finden. In diesem Fall können sie die gleichen Rechte und Vorteile bei der Einstellung geltend machen wie Menschen mit einem GdB von wenigstens 50. Sie haben jedoch keinen Anspruch auf die fünf zusätzlichen Urlaubstage, die für schwerbehinderte Arbeitnehmer gesetzlich vorgesehen sind. Der Antrag auf Gleichstellung kann bei der Agentur für Arbeit am Wohnort der betreffenden Person gestellt werden.

Formalitäten

Der Antrag auf Feststellung einer Behinderung muss schriftlich eingereicht werden. Dafür steht dem Antragsteller ein spezielles Antragsformular zur Verfügung, das beim Landesamt für Soziales oder direkt über die Website des am Wohnort des Beschäftigten zuständigen Versorgungsamts erhältlich ist. Das Formular kann heruntergeladen oder online ausgefüllt werden.

Für das Saarland steht das Formular auf folgender Website zur Verfügung https://www.saarland.de/landesamt_soziales.htm. In seinem Antrag auf Feststellung einer Behinderung erklärt der Antragssteller, dass er gesundheitliche Beeinträchtigungen hat, die seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft einschränken. Zusammen mit dem Antrag muss er auch bestimmte Unterlagen einreichen, wie z. B. den Befundbericht des behandelnden Arztes.

Folgendes gilt es zu beachten: Der Antrag muss bei der zuständigen Behörde eingereicht werden, die von der jeweiligen für die Umsetzung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Landesbehörde festgelegt wird. Das können entweder die Versorgungsämter oder die Landesämter für Soziales sein.

Die einzelnen Schritte der Antragstellung :
  • Antragstellung mit dem Formular unter Beifügung der geforderten Unterlagen
  • Prüfung des Antrags durch das Landesamt für Soziales
  • Übermittlung an einen Gutachter für die Feststellung des Grads der Behinderung
  • Zusendung des Feststellungbescheids.

Zusammen mit dem Feststellungsbescheid erhält der Antragsteller (bei einem GdB ab 50) einen Schwerbehindertenausweis, aus dem der Grad der Behinderung und eventuelle Merkzeichen hervorgehen.  Dieser Ausweis gibt Auskunft über die Schwere der Behinderung und darüber, ob sein Inhaber bestimmte Nachteilsausgleiche, z. B. beim Zugang zur Arbeit, in Anspruch nehmen kann. Es kann also sinnvoll sein, den Schwerbehindertenausweis dem Arbeitgeber vorzulegen, er kann aber auch im ÖPNV, bei Behörden etc. genutzt werden. In den meisten Bundesländern wird der Schwerbehindertenausweis für fünf Jahre ausgestellt und kann dann verlängert werden.

Wenn der Antragsteller mit dem Bescheid nicht einverstanden ist, kann er bei der ausstellenden Behörde Widerspruch einlegen. Dies ist im Sozialgerichtsgesetz geregelt.