Die Europäische Union räumt behinderten Menschen generell ein Recht auf Selbstbestimmung und Teilhabe ein – wer als Mensch mit Behinderung gilt, wird jedoch von jedem Land eigenständig und nach seinen eigenen Regeln festgelegt.

Auch wenn der Begriff „Behinderung“ in jedem Land unterschiedlich definiert wird, gibt es bei bestimmten Grundsätzen dennoch Überschneidungen, beispielsweise die Verpflichtung der Unternehmen, Menschen mit Behinderung einzustellen.

6 % der Beschäftigten eines öffentlichen oder privaten Unternehmens mit mindestens 20 Arbeitnehmern müssen als behinderte Arbeitnehmer anerkannt sein. Zur Einstellung behinderter Arbeitnehmer gibt es Alternativen wie z. B. die Vergabe von Aufträgen an Behindertenwerkstätten oder Integrationsbetriebe, den Abschluss einer Unternehmensvereinbarung über ein Eingliederungsprogramm etc. Wenn das Unternehmen diese Regeln nicht einhält, muss es entsprechend seiner Größe und der Zahl der behinderten Arbeitnehmer, die es beschäftigen müsste, einen bestimmten Betrag an die Vereinigung für die Verwaltung des Fonds zur Eingliederung Behinderter in den Arbeitsmarkt (Association de Gestion du Fonds pour l’Insertion Professionnelle des Personnes Handicapées – AGEFIPH) zahlen.

Maßnahmen zur Förderung der Berufstätigkeit von Menschen mit Behinderung

Die besonderen Maßnahmen für behinderte Menschen

Wer als behinderter Arbeitnehmer anerkannt ist, kann insbesondere folgende Maßnahmen nutzen :
  • berufliche Orientierungshilfe durch den Rechts- und Autonomieausschuss für Behinderte (Commission des Droits et de l’Autonomie des Personnes Handicapées – CDAPH), um in einer Behindertenwerkstatt oder einem Integrationsbetrieb, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder in einem Zentrum für berufliche Rehabilitation arbeiten zu können ;
  • Unterstützung durch das Netzwerk Cap emploi, das Arbeitsplätze an behinderte Arbeitnehmer vermittelt ;
  • die von den Sameth (services d’aide au maintien dans l’emploi des travailleurs handicapés) erbrachten speziellen Hilfsangebote für Behinderte, damit diese ihren Arbeitsplatz behalten können ;
  • die Verpflichtung zur Beschäftigung von behinderten Arbeitnehmern ;
  • Zugang zum öffentlichen Dienst durch (normale oder an die besonderen Bedürfnisse angepasste) Bewerbungsverfahren oder durch Einstellungen mit einem individuellen Arbeitsvertrag;
  • die Hilfen der Vereinigung für die Verwaltung des Fonds zur Eingliederung Behinderter in den Arbeitsmarkt (Association de Gestion du Fonds pour l’Insertion Professionnelle des Personnes Handicapées – AGEFIPH). Dieser Fonds wird durch die Ausgleichszahlungen der Unternehmen gespeist, die mindestens 20 Beschäftigte haben, aber nicht wie gesetzlich vorgeschrieben einen Anteil behinderter Arbeitnehmer von 6 % erreichen. Diese Hilfen stehen sowohl den Arbeitnehmern als auch den Arbeitgebern zur Verfügung.
Die AGEFIPH-Hilfen gliedern sich in drei Bereiche:
  • Finanzielle Unterstützung: Wiedereinstieg ins Berufsleben, Aus- und Weiterbildung, Existenzgründung etc.
  • Kontaktvermittlung zu Einrichtungen und Vereinen, die Hilfen anbieten
  • Hilfen für den Arbeitgeber: Hilfe bei der Anpassung des Betriebs, Weiterbeschäftigung, Schulungen, etc.

Die Anerkennung als behinderter Arbeitnehmer eröffnet außerdem einen bevorrechtigten Zugang zu verschiedenen Hilfsmaßnahmen für die Beschäftigungsförderung, für Aus- und Weiterbildungen und für die Anpassung der bestehenden Instrumente (Ausbildungsvertrag, Eingliederungsvertrag CUI etc.).

Im April 2018 hat die AGEFIPH ihr gesamtes Angebot an finanziellen Hilfen neu gestaltet. Die gewährten finanziellen Hilfen hängen von der Situation des behinderten Menschen ab. Sie umfassen insbesondere :

  •  Beihilfen zur Unternehmensgründung,
  •  Zuschüsse zu den Unkosten der behinderten Menschen bei Schulungen,
  •  Ausbildungsbeihilfen im Rahmen der Förderung des Zugangs zu Beschäftigung,
  •  Beihilfen im Rahmen der Förderung des Zugangs zu Beschäftigung,
  •  Beihilfen für den Nachteilsausgleich bei Behinderung

Für Arbeitnehmer mit anerkannter Behinderung und ganz allgemein für alle Arbeitnehmer, die auf einem Arbeitsplatz arbeiten, der aufgrund der Verpflichtung zur Beschäftigung behinderter Arbeitnehmer besteht, ist die gesetzliche Kündigungsfrist bei einer Entlassung doppelt so lang, darf jedoch die Höchstdauer von drei Monaten nicht überschreiten.

Berufliche Orientierung der behinderten Person

1° Der allgemeine Arbeitsmarkt

Wenn angenommen wird, dass die behinderte Person in der Lage ist, in einem normalen Arbeitsumfeld, d. h. außerhalb einer speziellen Fördereinrichtung, zu arbeiten, muss der Beschäftigungsbetrieb für den betreffenden Arbeitnehmer einen angepassten Arbeitsplatz einrichten oder die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um den Arbeitsplatz anzupassen, auf dem der Arbeitnehmer eingestellt wird.

Eine spezielle Einrichtung, die Arbeitsplätze an behinderte Arbeitnehmer vermittelt, ist Cap emploi. Cap emploi ist ein in Frankreich landesweit agierendes Netzwerk, dem Einrichtungen, die sich auf die Vermittlung behinderter Arbeitnehmer spezialisiert haben, und Arbeitgeber angehören. Es hat die Aufgabe, die Bedürfnisse der behinderten Menschen zu analysieren, ihnen eine berufliche Orientierung zu bieten und sie ebenso wie deren potenzielle Arbeitgeber zu begleiten. Cap emploi hat Standorte in jeder Region: https://www.agefiph.fr/annuaire

Heute gibt es außerdem Integrationsbetriebe (entreprises adaptés – EA), bei denen es sich um Unternehmen der Solidarwirtschaft handelt. Sie sind verpflichtet, 80 % ihrer Stellen mit behinderten Arbeitnehmern zu besetzen. So bieten sie Behinderten eine Möglichkeit zur Integration in den Arbeitsmarkt. Um eine Stelle in einem Integrationsbetrieb zu erhalten, muss die Person zunächst als behinderter Arbeitnehmer anerkannt worden sein. Nach einer Empfehlung zur beruflichen Orientierung durch den CDAPH kann der behinderte Arbeitnehmer dann auf Vorschlag der Arbeitsagentur Pôle emploi oder von Cap emploi von einem Integrationsbetrieb eingestellt werden. Ein Integrationsbetrieb kann einen behinderten Arbeitnehmer auch ohne den Umweg über die beiden genannten Stellen einstellen, wenn die betreffende Person bisher in einer Behindertenwerkstatt (ESAT) gearbeitet hat oder nur in einen anderen Integrationsbetrieb wechseln möchte.

2° Behindertenwerkstatt (Etablissement ou Service d’Aide par le Travail – ESAT)

Zuständig für die soziale und berufliche Eingliederung von behinderten Menschen sind die medizinisch-sozialen Einrichtungen. Sie ermöglichen es den Betroffenen, die aufgrund ihrer Behinderung nicht selbständig genug sind, um auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder in einem Integrationsbetrieb zu arbeiten, einer beruflichen Tätigkeit in einem geschützten Umfeld nachzugehen.

Im Allgemeinen handelt es sich dabei um Arbeiten in Grünanlagen, um Verpackungstätigkeiten für den Vertrieb oder um hauswirtschaftliche Arbeiten.

  •  Bedingungen für die Arbeit in einer Werkstatt (ESAT):
  •  Beschäftigung als behinderter Arbeitnehmer und entsprechende Empfehlung zur beruflichen Orientierung durch den      CDPAH
  •  Anerkennung als behinderter Arbeitnehmer (RQTH)
  •  Mindestalter: 20 Jahre (in Ausnahmefällen ab 16 Jahren)
  •  Eine Arbeitsfähigkeit von weniger als 1/3 der Erwerbsfähigkeit oder Arbeitsfähigkeit einer nicht behinderten Person, oder, bei einem Behinderten, dessen Arbeitsfähigkeit bei 1/3 oder mehr der Erwerbs-/Arbeitsfähigkeit einer nicht behinderten Person liegt, wenn er eine oder mehrere medizinische, pädagogische, soziale oder psychologische Hilfen benötigt.

Der Arbeitnehmer hat nicht den Status eines Beschäftigten, er ist jedoch gegen alle sozialen Risiken, z. B. Arbeitslosigkeit, geschützt. Das Arbeitsentgelt liegt zwischen 55 und 110 % des gesetzlichen Mindeststundenlohns „SMIC horaire“. Die ESAT werden von den Krankenversicherungen finanziert und verfügen außerdem über Mittel durch Einnahmen aus den wirtschaftlichen Tätigkeiten der Werkstätten, die mit der Herstellung von Produkten oder der Erbringung von Dienstleistungen generiert werden.

Im Departement Moselle gibt es 26 Werkstätten, darunter 6 im Gemeindeverband Metz Métropole. Weitere Informationen zu den Kontaktdaten der ESAT finden Sie über den nachstehenden Link : http://annuaire.action-sociale.org/etablissements/adultes-handicapes/etablissement-et-service-d-aide-par-le-travail–e-s-a-t—246.html  

3° Zentrum für berufliche Rehabilitation

Hierbei handelt es sich um eine medizinisch-soziale Einrichtung, die auf die berufliche Rehabilitation spezialisiert ist, um eine berufliche Neuorientierung der Arbeitnehmer mit Behinderung zu erreichen. Es kann ein Rehabilitationsvertrag oder ein Praktikum vereinbart werden.

Der Vertrag

Er kann für eine Dauer von drei Monaten bis zu einem Jahr abgeschlossen werden und soll es ermöglichen, dass der behinderte Arbeitnehmer wieder an seinen gewohnten früheren Arbeitsplatz zurückkehren kann und dieser an die Behinderung des Arbeitnehmers angepasst wird. Der Vertrag kann insbesondere nach einer Teilzeittätigkeit aus therapeutischen Gründen abgeschlossen werden, um die Wiederaufnahme der Arbeit in Vollzeit zu ermöglichen. Der behinderte Arbeitnehmer wird dann ein Arbeitsentgelt erhalten, das in Absprache mit ihm, dem Arbeitgeber, der Krankenkasse und dem Betriebsarzt vereinbart wird.

Das Praktikum

Einem Arbeitnehmer, der nach einer krankheitsbedingten Abwesenheit, einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit die Anerkennung als behinderter Arbeitnehmer erhalten hat und nicht mehr in der Lage ist, seine gewöhnliche Berufstätigkeit auszuüben, kann ein Praktikum zur beruflichen Rehabilitation angeboten werden. Die Dauer des Praktikums beträgt zwischen 10 und 30 Monaten. Ziel ist es, dass der behinderte Arbeitnehmer neue Fachkenntnisse erwirbt, die ihm eine Rückkehr auf den Arbeitsmarkt ermöglichen. Während des Praktikums erhalten Arbeitnehmer, die zuvor krankgeschrieben waren, weiterhin das von der Sozialversicherung gezahlte Krankengeld; Arbeitnehmer, die zuletzt arbeitslos waren, können die Beihilfe für die Rückkehr in ein Beschäftigungs-/Ausbildungsverhältnis (allocation d’aide au retour à l’emploi-formation) in Anspruch nehmen. Unter bestimmten Umständen können diese Einkünfte auch zur Beihilfe für behinderte Erwachsene und zu der von der Sozialversicherung gezahlten Erwerbsminderungsrente hinzukommen.

4° Der sogenannte „Sprungbrettvertrag“ (contrat tremplin)

Der „Sprungbrettvertrag“ ist ein befristeter Vertrag, mit dem letztlich eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erreicht werden soll. Bei diesem Vertrag handelt es sich um eine neue Form des Arbeitsvertrags für behinderte Menschen, die in einer Fördereinrichtung arbeiten. Er ermöglicht einen Übergang zwischen Behindertenwerkstatt bzw. Integrationsbetrieb und den Unternehmen der freien Wirtschaft. Arbeitnehmer, die bereit sind, einen solchen Vertrag abzuschließen, erhalten bis zu 24 Monate lang eine individuelle Betreuung. Beim „Contrat tremplin“ handelt es sich um ein neues Instrument, das in sechs Regionen versuchsweise eingeführt wurde. Die ersten dieser Verträge wurden im November 2018 abgeschlossen.

Start von Handimooc

Handimooc ist eine kostenlose Online-Schulung, die im Juni 2018 eingeführt wurde. Mit ihr können Arbeitsuchende bei ihrer Stellensuche durch Tools und Beratungsangebote unterstützt werden. Die Schulung ist in verschiedene Kapitel zu einzelnen Phasen der Stellensuche, in denen sich die Arbeitsuchenden gerade befinden, aufgeteilt. Sie ermöglicht es unter anderem, die eigene Behinderung zu thematisieren, das Bewerbungsgespräch vorzubereiten, die Folgen der Behinderung im Arbeitsleben zu verstehen und die eigene berufliche Integration erfolgreich zu gestalten. Die Schulung umfasst Aktivitäten, Quizfragen, Videos und Erfahrungsberichte, die auf folgender Website zu finden sind : https://www.handimooc.fr .