In Belgien hat jede Gemeinschaft ihre eigene offizielle Landesprache. In der Flämischen Gemeinschaft (Flandern) wird Niederländisch, in der Französischen Gemeinschaft (Wallonie) Französisch und in der Deutschsprachigen Gemeinschaft (Ostbelgien) Deutsch gesprochen. In Brüssel, das die Hauptstadt Flanderns ist, zugleich aber auch zur Französischen Gemeinschaft gehört, werden dementsprechend zwei Sprachen verwendet: Französisch und Niederländisch.

Fremdsprachenunterricht wird an den belgischen Regelschulen schrittweise im Laufe der Schulzeit eingeführt. Allerdings wird in dem zur Großregion gehörenden Teilgebiet Belgiens mit dem Lernen einer Fremdsprache am spätesten begonnen. In den verschiedenen Bildungssystemen in Europa spielt der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprachen nur in der Föderation Wallonie-Brüssel und in England keinerlei Rolle im Pflichtunterricht.

Die Sprachgesetzgebung

In den Gesetzen über den Sprachengebrauch sind Vorschriften für den Fremdsprachenunterricht in Belgien festgelegt.

  • So ist das Unterrichten von Niederländisch als Zweitsprache in den 19 Gemeinden der Region Brüssel-Hauptstadt obligatorisch.
  • Ebenfalls vorgeschrieben ist Niederländischunterricht in den an der sogenannten „Sprachgrenze“ gelegenen wallonischen Gemeinden, d. h. in Comines-Warneton (Komen-Waasten), Mouscron (Moeskroen), Flobecq (Vloesberg) und Enghien (Edingen).
  • In den Gemeinden Malmedy, Waimes (Weismes), Baelen, Plombières (Bleyberg) und Welkenraedt (Welkenrath) kann als Zweitsprache entweder Deutsch oder Niederländisch gewählt werden.
  • In den anderen wallonischen Gemeinden kann Niederländisch, Englisch oder Deutsch die Zweitsprache sein.

Der Elementar – und Primarbereich

Erste Stufe : Kindergarten und Vorchule (3 bis 5 Jahre)

In den Lehrplänen ist für diese Stufe kein Fremdsprachenunterricht vorgesehen. Allerdings besteht die Möglichkeit, im dritten Kindergartenjahr nach dem Immersionskonzept mit dem Lernen einer Fremdsprache zu beginnen. Bei der Sprachlernmethode der Immersion geht es darum, für einen Teil der Aktivitäten nicht Französisch, sondern eine andere moderne Sprache zu nutzen. Mit der Gestaltung des „Sprachbads“ sind in der Vorschule dafür ausgebildete Lehrkräfte betraut.

Das Eintauchen in die Sprache 

Um dem beinahe ausschließlichen Gebrauch jeweils einer Sprache in den verschiedenen belgischen Gemeinschaften entgegenzuwirken, wurde mit dem Erlass vom 11. Mai 2007 das Konzept des Immersionsunterrichts sowohl für den Primar- als auch für den Sekundarbereich eingeführt. Der Erlass trat im Januar 2008 in Kraft. Der Immersionsunterricht kommt von Jahr zu Jahr in immer mehr Schulen zum Einsatz.

Grundschule: 1. bis 6. Klasse (6 bis 11 Jahre)

In der Wallonie wird die erste lebende Fremdsprache, die als „moderne Sprache“ bezeichnet wird (Niederländisch, Englisch oder Deutsch) im 5. Jahr der Grundschule (4. Stufe) im Alter von 10 Jahren eingeführt. An einigen Schulen wurde der Fremdsprachenunterricht jedoch vorgezogen, indem ein früherer Einstieg in eine Zweitsprache mit entsprechenden Lernangeboten oder dem Konzept „Begegnung mit Sprachen“ („Eveil aux langues“/„Language Awareness“) angeboten wird. Für den Fremdsprachenunterricht sind zwei Unterrichtsstunden pro Woche eingeplant.

Niederländisch als Zweitsprache wird von zwei Dritteln der Schüler/-innen gelerntDamit ist das Interesse der Lernenden an Niederländisch in dieser Bildungsphase deutlich höher als an Englisch (30,3 %), wobei Deutsch seinerseits hier weit abgeschlagen ist.

Immersives Lernen

Das Lernen durch Immersion kann, wenn auf diese Methode zurückgegriffen wird, in der 1. oder in der 3. Klasse der Grundschule eingeführt werden. Ein Teil der Unterrichtsstunden und Lernaktivitäten in der Stundentafel finden in der gewählten Fremdsprache statt, um diese schrittweise zu lernen. Ferner gilt das Prinzip, auch andere Fächer in der gewählten Sprache zu unterrichten.

Beispiel für eine Stundentafel: 8 bis 21 Unterrichtsstunden vom 3. Kindergartenjahr bis zum 2. Grundschuljahr.
Um immersives Lernen im Primarbereich zu gewährleisten, wurden für Grundschullehrer und Sportlehrer eigens Stellenprofile mit einer Zuständigkeit für Unterrichtsstunden nach der Immersionsmethode geschaffen.

Eine Übersicht über die Schulen, die im Primarbereich (2015-2016) immersives Lernen anbieten, finden Sie auf dem Bildungsportal der Föderation Wallonie-Brüssel: http://www.enseignement.be/index.php?page=23801

Das Projekt „Eveil aux langues“ („Begegnung mit Sprachen“) in der Föderation Wallonie-Brüssel

Am 22. Mai 2003 beauftragte die Regierung der Föderation Wallonie-Brüssel den „Service de pédagogie expérimentale“ (Abteilung für Erlebnispädagogik – SPE) der Universität Lüttich damit, das Konzept „Begegnung mit Sprachen“ in sechs Einrichtungen des Primarbereichs zu erproben. 27 freiwillige Lehrkräfte haben diesen innovativen Ansatz in ihren Klassen umgesetzt. Zur Sensibilisierung für andere Sprachen und Kulturen sind Unterrichtseinheiten von 27 bis 35 Minuten vorgesehen.

Die Umsetzung des Projekts geht mit der Entwicklung von Materialien für das Konzept „Begegnung mit Sprachen“ einher:
Abzählreime, Geschichten, Aktivitäten. Je nach verfolgtem Ziel steht es den einzelnen Lehrkräften frei, die bereitgestellten Hilfsmittel anzupassen, sofern damit das erwünschte Ziel der Förderung von Sprachbewusstheit erreicht werden kann.

Das Projekt „Ouverture aux langues et aux cultures“ (Entdecken von Sprachen und Kulturen) im Primar- und Sekundarbereich

Im Rahmen einer (verbindlichen) Partnerschaft zwischen der Föderation Wallonie-Brüssel und acht Ländern (China, Spanien, Griechenland, Italien, Marokko, Türkei, Portugal und Rumänien) können interessierte Schulen ihren Schülerinnen und Schülern im Primar- und Sekundarbereich das Fach „Ouverture aux Langues et aux Cultures“ (OLC) anbieten.

Das Fach OLC richtet sich heute nicht mehr nur an Schüler/-innen mit Migrationshintergrund, sondern an alle Schüler/-innen im Primar- und Sekundarbereich.

Das Projekt bietet im Fach OLC zwei Arten von Unterricht:

  • DerOLC-Sprachunterrichtfindet während der Woche nach der Schule statt. Die Teilnahme ist freiwillig und steht allen Kindern offen, deren Eltern sie dafür angemeldet haben. Bei diesem Unterricht geht es um das Lernen der Fremdsprache und die mit ihr verbundenen kulturellen Aspekte. Teilnehmen können Schüler/-innen aus verschiedenen schulischen Einrichtungen. Geleitet wird er ausschließlich von einer speziell für das Projekt OLC zuständigen Lehrkraft.
  • Der OLC-Unterricht zum Entdecken von Sprachen und Kulturen ist Teil des regulären Stundenplans. Dieser Unterricht findet auf Französisch statt, ergänzt durch Vokabular in der Fremdsprache. Adressaten dieses Angebots sind alle Kinder einer Klasse. Gestaltet wird der Unterricht gemeinsam von der OLC-Lehrkraft und der normalen Lehrkraft.